Die Situation in der Nacht vom vergangenen Sonntag auf Montag hat gezeigt, wie wichtig es derzeit ist, den präventiven Hochwasserschutz anzugehen. Die Geschehnisse vom Wochenende haben gezeigt, dass auch kleinere Starkregenereignisse mit geringerem Ausmaß kleine Fluss- und Bachläufe an die Grenzen ihrer Kapazitäten bringen kann. Am Sonntagabend sind vielerorts vorsorglich Sandsäcke gefüllt worden und der Bereitschaftsdienst der Feuerwehr war im Einsatz. „Bereits am Sonntagabend wurde klar, dass sich die Feuerwehr im Stadtgebiet Zülpich in Alarmbereitschaft versetzen muss. Ich war selbst die ganze Nacht vor Ort, habe mir stetig ein Bild von der Situation vor Ort gemacht. Es war zum wiederholten Male erschreckend zu sehen, dass vor allem die Pegel von Rot- und Neffelbach stark gestiegen waren“, äußert sich Ulf Hürtgen, Bürgermeister der Stadt Zülpich. „Im Nachhinein kann man sagen, dass alle viel Glück gehabt haben und es nur vereinzelt Einsätze im Stadtgebiet gab. Nichts desto Trotz muss jetzt, gemeinsam mit den beteiligten Behörden, und vor allem mit Nachdruck weiter an Lösungen gearbeitet werden.“
Bereits seit Monaten arbeitet die Stadtverwaltung Zülpich an der Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe vom 14./15. Juli 2021. In regelmäßigen Abständen sitzen Fachleute aus unterschiedlichen Abteilungen der Stadtverwaltung an einem Tisch und konzipieren verschiedene Hochwasserschutzmaßnahmen, die bei Starkregenereignissen die betroffenen Orte und Unterläufe der Bäche schützen sollen. Im Rahmen des präventiven Hochwasserschutzes ist hier mittlerweile ein großes Portfolio an Vorschlägen zusammengetragen worden, das nun im Einzelnen mit den entsprechenden Behörden konkretisiert werden muss. „Die Komplexität der Thematik bedingt eine detaillierte Planung jeder einzelnen Maßnahme, und das nimmt naturgemäß Zeit in Anspruch. Wir sind in enger Abstimmung mit allen beteiligten Akteuren, um die optimalsten Lösungen zu erarbeiten und Zülpich im Hinblick auf Starkregenereignisse so resilient wie möglich zu gestalten“, so Bürgermeister Ulf Hürtgen.
Nach der Flutkatastrophe im Juli vergangenen Jahres waren die größten Schäden auf Zülpicher Stadtgebiet im nahen Umfeld von Rot-, Blei- und Vlattener Bach zu verzeichnen. Ein konkreter Vorschlag aus dem Portfolio an Maßnahmen ließe sich tatsächlich relativ unkompliziert und schnell umsetzen, wenn denn alle beteiligten Behörden, die Verwaltung, die Bürgerschaft und die Politik einen Konsens finden: die Schaffung eines Abschlagsbauwerks für den Vlattener Bach, dessen Verlauf im unmittelbar angrenzenden Zülpicher Wassersportsee mündet.
"Nichts desto Trotz muss jetzt, gemeinsam mit den beteiligten Behörden, und vor allem mit Nachdruck weiter an Lösungen gearbeitet werden."
Um diese Überlegung zu vertiefen, haben sich Vertreter der Stadtverwaltung in einer Hybrid-Konferenz gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der bei der Bezirksregierung angesiedelten Oberen Wasserbehörde und des Erftverbandes sowie der Unteren Wasserbehörde und des Gesundheitsamtes des Kreises Euskirchen ausgetauscht. Der Vorschlag fand bei allen Beteiligten großes Interesse. Eine eventuelle Umsetzung dieser Maßnahme wird derzeit geprüft. Fest steht jedoch, dass ein Abschlag des Vlattener Bachs in den Wassersportsee den gesamten Unterlauf sowie große Teile des Einzugsbereichs des Rotbachs bei einem Starkregenereignis entlasten könnte. Mögliche Bedenken, dass eine Eutrophierung des Gewässers die Folge eines Starkregenereignisses sein könnte, sind vom Erftverband und auch vom Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen nicht bestätigt worden. Ebenso die Furcht vor einem steigenden Wasserpegel! Überschüssiges Wasser soll kontrolliert über den Mühlengraben abgeführt werden. Grundlage der Bemessung ist das Ausmaß der Katastrophe des vergangenen Jahres.
Eine ähnliche Maßnahme, die bei der Flutkatastrophe im Juli Wirkung gezeigt hat, ist am Zülpicher Neffelsee zu finden. Am westlichen Ufer des Naturschutzsees hat der Erftverband einen kaskadenartigen Abschlag gebaut, der bei Starkregenereignissen das Wasser des Neffelbachs in den See einleitet.
„Die letzten Monate haben gezeigt, dass der Abstimmungsbedarf auch über die Stadt- und Kreisgrenzen hinaus enorm groß ist. Die größte Naturkatastrophe in der Geschichte Nordrhein-Westfalens stellt nicht nur die Kommunalverwaltungen vor riesige Herausforderungen. Ziel sollte es sein, konsequent an Lösungen zu arbeiten, um die Themen Nachhaltigkeit und Resilienz in den Vordergrund zu rücken und die Region widerstandsfähig und robust gegenüber künftigen Starkregenereignissen zu machen“, so Hürtgen.
Kommunaler Wiederaufbauplan
Intensiv und abteilungsübergreifend laufen im Zülpicher Rathaus seit Monaten aber auch die Arbeiten zur Konkretisierung und Beseitigung der Schäden an der kommunalen Infrastruktur. Das Schadensbild ist breit gefächert. Straßen, Nebenanlagen, Wirtschaftswege, Wegeseitengräben, Sportanlagen und städtische Gebäude sind nur einige Bereiche, deren Schäden sich in Summe sicherlich auf einen zweistelligen Millionen €-Betrag belaufen werden.
Die erhobenen Flutschäden fließen deshalb in einen kommunalen Wiederaufbauplan ein, der die Voraussetzung für die Generierung von Wiederaufbauhilfen nach der „Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen“ bildet.
Um den Anforderungen an diesen Plan gerecht zu werden, greift die Verwaltung bei einigen Schadensbereichen auch auf die Dienstleistung externer Ingenieurbüros zurück.
Nach Ankündigungen des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW und der Ministerin Ina Scharrenbach ist davon auszugehen, dass die Kommunen die Kosten des Wiederaufbaus über den Hilfsfonds zu 100 Prozent refinanzieren können.
Die Verwaltung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, dem Rat der Stadt Zülpich den Wiederaufbauplan bis Ende März 2022 zur Verabschiedung vorzulegen.