Auch in diesem Jahr hatten sich am Karnevalssonntag wieder viele Karnevalsbegeisterte auf dem Zülpicher Marktplatz versammelt, um der traditionellen Schlüsselübergabe beizuwohnen. Mit großem Gefolge marschierten die Corps der vier kernstädtischen Karnevalsgesellschaften in Richtung Innenstadt, um dort das Rathaus zu erobern. Bürgermeister Ulf Hürtgen, der vom Rathausbalkon gemeinsam mit dem Beigeordneten und Kämmerer Ottmar Voigt sowie Vizebürgermeister André Heinrichs dem Aufmarsch der Garden entgegensah, hatte wohl schon geahnt, dass er gegen so viel geballte närrische Macht keine Chance haben würde.
Aber kampflos wollte der oberste Bürger der Stadt auch dieses Mal das Rathaus nicht an die Karnevalisten übergeben. Und tatsächlich: Im nun folgenden Wortgefecht mit Öllege-Präsident Robert Frings sah es zunächst so aus, als ob der Verwaltungschef die Oberhand behalten würde. Immerhin bot er an, das Rathaus mit all seinen Vorzügen im Tausch gegen das Weiertor freiwillig abzugeben. Während sich Bürgermeister Hürtgen wortgewandt gegen die Herausgabe des Schlüssels wehrte, wurde jedoch vor dem Rathaus schweres Geschütz aufgefahren. Und mit einer Vielzahl an kräftigen Kanonenschlägen, die den Markplatz zur Erschütterung brachten, bewiesen die Kanoniere der Blauen Funken nicht nur ihre Treffsicherheit, unter großem Jubel der Zuschauer führte sie letzten Endes auch zur Kapitulation des Verwaltungschefs.
Damit war der Weg frei für Prinz Rolf II. und sein Gefolge. Mittlerweile umrahmt von den Standarten der Gesellschaften musste sich der Bürgermeister der Übermacht geschlagen geben und auf dem Balkon vor seinem Büro den Rathausschlüssel an das Zülpicher Narrenoberhaupt überreichen. Dieser verkündete sogleich sein närrisches Manifest: Unter anderem wurden Bürgermeister Hürtgen sowie die gesamte Verwaltungsleitung ihres Amtes enthoben und durch das Prinzenteam ersetzt. Der abgesetzte Bürgermeister wird zum Regionalverkehr Köln abgeordnet, damit alle Karnevalisten mit dem nicht ausgelasteten Stadtbus immer sicher nach Hause gebracht werden können. Darüber hinaus wurde die Sperrstunde in der Gastronomie aufgehoben. Und schließlich: Wer sich nicht an diese Regularien hält, bekommt bis Aschermittwoch nur noch alkoholfreies Bier.
Bevor es für die Karnevalisten im Rathaus-Foyer noch „jet zo süffele on zo müffele“ gab, wurde auf Marktplatz und Rathausbalkon zu den Klängen der Zülpicher Hymne „In Zöllechs ahle Muure“ geschunkelt und getanzt.